Egon Schiele Privat
Eine biographische Annäherung
Das Egon Schiele Museum Tulln nahm das Gedenkjahr 2018 zum Anlass seine Schau auf völlig neue Beine zu stellen. Auf den Spuren des berühmten Künstlers kommen Menschen zu Wort, die ihn entweder begleitet haben oder sein Schaffen grundlegend erforscht haben.
Bereits beim Betreten des Museums fühlt sich der/die Besucher:in einerseits in die Vergangenheit versetzt, andererseits wird er sogleich mit modernster Technologie ausgestattet. Private Informationen und persönliche Erzählungen genießt man am besten für sich allein. In unserem Fall geschieht dies über Kopfhörer. Ein Audioguide ruft im Vorübergehen die Informationen automatisch ab.
Nach einem Besuch in der „Schatzkammer“ mit Originalen führt der Weg durch eine Pforte in die private Welt Egon Schieles.
Wir lernen Egons Eltern kennen, Adolf und Marie Schiele. Er ist Bahnhofsvorstand, ein Herrscher über das Bahnhofsareal und die Familie in der Dienstwohnung. Nach dem frühen Tod des geliebten Vaters wird sein Onkel, Leopold Czihaczek, Egons Vormund. Wir treffen seine Schwestern Melanie und Gerti und die wichtigste Frau an Egons Seite, Wally Neuzil. Mit ihr verbringt er seine turbulentesten Jahre, heiraten wird er die bürgerliche Edith Harms.
Unsere Reise setzt sich im Obergeschoss fort, im dortigen Forschungsgang. Wir treffen auf eine andere Reisende, Alessandra Comini aus Dallas/Texas. Sie mietet an einem sonnigen Augustmorgen 1963 einen Volkswagen und bricht zu den Schiele-Schauplätzen in Niederösterreich auf: Tulln, Klosterneuburg, Neulengbach, Krems, Mühling. Sie trifft Egons Schwestern Melanie und Gerti, Freundschaften und Tonband-Interviews entstehen. Diese Original-Dokumente sind erstmals der Öffentlichkeit zugänglich.
Im ersten Stock des Museums gibt es seit 2023 eine kleine Präsentationsfläche, die Werke aus dem Umfeld Egon Schieles mit dem Ergebnis neuester Forschungen verbinden. Die Ausstellung widmet sich in der Saison 2025 Egon Schieles Künstlerfreund und Schwager Anton Peschka.
In Erinnerung an Elisabeth Leopold sind noch nie veröffentlichte Interviews mit ihr zu sehen.
Die Zellen des ehemaligen Bezirksgerichts bestehen aus sechs Kojen. Sie stehen für jene sechs Schiele-Orte, die Alessandra Comini damals besucht hat. In jedem Raum befindet sich ein Objekt hinter einer Scheibe. Oder ist es doch keine Scheibe? Wir betrachten den Raum über ein Tablet, auf dem ein Film zu sehen ist. Darin erzählt Frau Comini, wie all das zusammenhängt.
Die Summe der Stationen ergibt ein lebendiges Gesamtbild, als dessen Ergebnis Egon Schieles Biografie steht.
Empfohlene Besuchszeit: 1 Stunde 30 Minuten
Mitschnitt der Veranstaltung im Stift Klosterneuburg am 2. Juni 2022
Alessandra Comini im Gespräch mit Christian Bauer im Stift Klosterneuburg